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Miteinander Reden

Im September 2021 schlug die Europäische Kommission eine einheitliche Ladelösung für elektronische Geräte vor. Der Grund: Im Jahr 2020 wurden rund 420 Millionen Mobiltelefone und andere tragbare Geräte in der EU verkauft. Die Nutzerinnen und Nutzer besitzen rund drei Ladegeräte für Mobiltelefone, von denen sie zwei regelmäßig verwenden. Dennoch geben 38 Prozent von ihnen an, dass sie mindestens einmal ihr Mobiltelefon nicht nutzen konnten, da die verfügbaren Ladegeräte nicht kompatibel waren. Für Verbraucherinnen und Verbraucher entstehen so rund 2,4 Milliarden Euro zusätzliche Kosten pro Jahr, die sie für separate, nicht mit den elektronischen Geräten gelieferte Ladegeräte ausgeben. Schätzungen gehen auch von 11.000 Tonnen zusätzlichem Elektronikabfall durch entsorgte und nicht genutzte Ladegeräte aus. Dieses Beispiel zeigt, welche Bedeutung die Interoperabilität – also die Fähigkeit, unterschiedlicher Systeme, möglichst nahtlos zusammenzuarbeiten – hat.

Insbesondere bei Informations- und Kommunikationssystemen kommt es, vereinfacht gesagt, darauf an, dass sie »miteinander reden« können. FOKUS – als Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme – arbeitet an der Interoperabilität solcher Systeme. Dabei spielt auch das Thema Standardisierung eine bedeutende Rolle. Denn nur durch verbindliche Standards wird die Vernetzung von IuK-Technologien über Systemgrenzen hinaus möglich. FOKUS Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten daher auch in verschiedensten Standardisierungsgremien, wie z. B. AUTOSAR, DASH.IF oder dem Deutschen Institut für Normung e. V., mit. Wenn Sie mehr über die Aktivitäten von Fraunhofer FOKUS in diesem Bereich erfahren möchten, lesen Sie unseren Newsletter zum Thema Standardisierung.

Interoperabilität in der smarten Stadt

Die Bedeutung der Zusammenarbeit und Interoperabilität verschiedener technischer Systeme zeigt sich besonders deutlich beim Wandel der Städte hin zu »Smart Cities«. Smart Cities basieren auf der Idee, durch den Datenaustausch zwischen verschiedenen Interessensgruppen und Datenquellen innovative Anwendungen und Dienste bereitzustellen. Ziel ist es, Abläufe und Prozesse innerhalb einer Stadt zu optimieren und so beispielsweise die Mobilität, Energieversorgung, Bürgerbeteiligung oder den öffentlichen Verkehr zu verbessern. Um solche Ziele zu erreichen, ist es notwendig, eine möglichst große Anzahl von Datenquellen zu berücksichtigen, damit adäquate Ergebnisse optimal verwendet werden können. Damit Datenquellen und Infrastrukturkomponenten wie Datenzentren, Kommunikationsnetze, Router, Switches, WLAN-Zugangspunkte, Cloud-Dienste oder mobile Endbenutzeranwendungen zusammenspielen können, müssen einheitliche Standards für die Kommunikation bestehen. Fraunhofer FOKUS entwickelt daher Referenzmodelle und Architekturen für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in der smarten Stadt. Dieser IKT-Rahmen sorgt dafür, dass die Datenkommunikation über standardisierte und interoperable Schnittstellen erfolgt.

Auch in Europa geht es immer stärker um die Themen Standardisierung und Interoperabilität, wenn Daten aus verschiedenen Bereichen zusammengeführt werden sollen. So betreut Fraunhofer FOKUS bereits seit 2015 das data.europe.eu-Portal. Das Portal ist ein Kernbestandteil der Dateninfrastruktur des öffentlichen Sektors und soll es ermöglichen, offene Daten aus 34 europäischen Ländern schnell und einfach zu finden und weiterzuverwenden. Fraunhofer FOKUS hat dafür das Datenmanagement und die sogenannten Harvesting-Mechanismen entwickelt. Sie durchforsten die Open-Data-Portale der Mitgliedsstaaten nach offenen Datensätzen und binden diese automatisiert in das Europäische Datenportal ein.

5G-Campusnetze

Vernetzte Mobilität in der Stadt oder Industrie 4.0 Anwendungen sind nur einige Beispiele für den Einsatz von 5G-Campusnetzen. Solche lokalen und nicht-öffentlichen 5G-Netze können kundenspezifisch, je nach aktuellen Anforderungen an Latenz, Anzahl der zu vernetzenden Geräte und dem notwendigen Sicherheitslevel flexibel und effizient aufgebaut werden. Im Projekt CampusOS arbeitet Fraunhofer FOKUS zusammen mit 21 Partnern aus Industrie und Forschung nun daran, ein modulares Ökosystem für offene 5G-Campusnetze auf Basis offener Funktechnologien und interoperabler Netzkomponenten zu schaffen. Im Projekt werden unterschiedliche Betreibermodelle geprüft, Referenzarchitekturen erarbeitet und die Interoperabilität und Leistungsfähigkeit der integrierten Lösungen evaluiert. Dank der Netzvirtualisierung ergänzt um Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen können so dynamisch und bedarfsgerecht Endgeräte sowie Funktionalitäten des Funkzugangsnetzes (RAN) und Kernnetzes (CORE) zu einem modularen und sicheren 5G-Campusnetz kombiniert werden.

Common Learning Middleware (CLM)

Auch in der Lehre hat mit der Corona-Pandemie eine Verlagerung von Lehre und Lernen in den digitalen Raum stattgefunden. Insbesondere die zahlreichen Insellösungen verschiedener Bildungseinrichtungen erschwerten es Nutzerinnen und Nutzern die Vorteile von digitalem Lernen voll auszuschöpfen. Mit der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufenen Nationalen Bildungsplattform soll nun eine auf offenen Standards-basierende technische Meta-Plattform bereitgestellt werden, die die Grundlage für eine vernetzte, leistungsfähige und interoperable Lehr-Lern-Infrastruktur schafft. Die von Fraunhofer FOKUS entwickelte Common Learning Middleware dient als Mediator- und Orchestrierungskomponente für alle relevanten Funktionen und Dienste moderner Lernmanagement- und Bildungsökosysteme – einschließlich adaptiver Oberflächen, Authentifizierung mittels Single Sign-On, Teilnehmer- und Einschreibungsverwaltung sowie die Einbindung ansprechender Lernmedien, Metadaten sowie Profil- und Lerndaten. Darüber hinaus können über die interoperablen Schnittstellen der CLM diverse weitere Dienste angebunden werden, bspw. für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Auswertung der Lernaktivitäten, Empfehlungen von Lerninhalten und Chatbots zur Beantwortung häufig gestellter Fragen oder aber auch für die Präsentation von Inhalten in virtuellen und augmentierten Realitäten oder für die Einbindung von Blockchain-basierten Bildungszertifikaten in beliebigen Lernplattformen für den sicheren Nachweis von Kompetenzen, Fähigkeiten und Qualifikationen.

Im Rahmen des »mEDUator«-Projekts wurde die Common Learning Middleware als eine von drei Prototypen der Nationalen Bildungsplattform ausgewählt. Die Nationale Bildungsplattform ist eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufene Initiative zur Konzeption einer auf offenen Standards-basierenden technischen Meta-Plattform, die die Grundlage für eine übergreifende, vernetzte, leistungsfähige und interoperable Lehr-Lern-Infrastruktur schafft.


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