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Unser reales und digitales Leben verschmelzen immer stärker miteinander MilosStankovic/ iStock

Digitales Leben

8,6-33-175 – Zahlen, die unser digitales Leben beschreiben: 8,6 Zettabyte an Daten wurden 2015 weltweit generiert. 2018 waren es schon 33 und 2025 werden es voraussichtlich 175 Zettabyte sein. Doch was verbirgt sich hinter der unvorstellbaren Zahl von 175.000.000.000.000.000.000.000 Byte? Was ist unser digitales Leben?

Zunächst einmal müssen wir uns bewusst werden, dass unser reales und digitales Leben immer stärker verschmelzen. Allein 2019 gab es rund 58 Millionen Smartphone-Nutzer in Deutschland, bei den 14- bis 49-Jährigen waren die Geräte mit einem Nutzeranteil von 95 Prozent nicht mehr wegzudenken. Die zunehmende Digitalisierung führt dazu, dass wir immer mehr Daten erzeugen. Wir Menschen haben bereits heute oftmals eine virtuelle Identität: Wir nutzen soziale Medien, um uns zu verabreden und unsere Meinung kund zu tun, schauen uns Videos an oder stellen sie ins Internet, wir geben Gesundheitsdaten preis, um einen Bonus von unserer Krankenkasse zu erhalten oder wir nutzen Onlineangebote zur Weiterbildung. Hinzu kommt das Internet der Dinge: In ihm werden immer mehr Geräte miteinander vernetzt. Mit dem Smartphone steuern wir die Beleuchtung in unserem Wohnzimmer oder das Schloss an der Eingangstür. Wir öffnen und starten unser Auto oder Maschinen kommunizieren über das Internet und geben z. B. Daten zu ihrem Wartungsbedarf preis.

Für viele Menschen mag diese Entwicklung bedenklich sein. Wissen wir immer, welche Datenspur wir im World Wide Web hinterlassen? Wollen wir eigentlich, dass jemand uns anhand unserer online verfügbaren Informationen erkennt?

Neben diesen kritischen Fragen hat gerade die Corona-Pandemie gezeigt, dass das digitale Leben auch große Chancen bietet. Anstatt Firmen komplett schließen zu müssen, konnte ein Großteil der Mitarbeiter ins Homeoffice wechseln. Bereits Ende März 2020 arbeiteten in Deutschland rund 43 Prozent der in einer Studie befragten Personen ab und zu von Zuhause aus. Vor Corona waren es nur 35 Prozent. Die Mehrheit von ihnen würde auch zukünftig gerne verstärkt aus dem privaten Arbeitszimmer heraus tätig sein. Damit wir ein solches Leben führen können, muss eine sichere digitale Infrastruktur zur Verfügung stehen.

Smart City

Diese Infrastruktur wird besonders in der schlauen Stadt – auch gerne als »Smart City« bezeichnet – gefordert. Menschen wollen von A nach B bewegt werden, Strom, Wasser und Telekommunikation müssen 24/7 bereitstehen und Dokumente sollen möglichst online beantragt werden können. Die Stadt soll also »schlau« sein und sich optimal auf die Bedürfnisse jedes und jeder Einzelnen einstellen und dabei schnell, kosteneffizient, nachhaltig und ökologisch korrekt sein. Dabei darf die Stadt jedoch nicht alles wissen wollen: Privates soll bitteschön privat bleiben und entsprechend geschützt werden.

FOKUS-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler haben daher eine Referenzarchitektur für Informations- und Kommunikationstechnologien in der Smart City entwickelt. Referenzarchitekturen stellen Anleitungen und abstrakte Standardmodelle in Form von Handlungsempfehlungen oder formalisierten Engineering-Prozessen dar. Mit oupPLUS, einer Smart-Cities-IKT Referenzarchitektur, wurde ein Element für die Umsetzung standardisierter Smart-City-Konzepte geschaffen. oupPLUS fördert die Interoperabilität zwischen Komponenten, Modulen, Schichten und allgemeinen Artefakten von IKT-Systemen in der smarten Stadt und sorgt dafür, dass Städte nicht nur schlau, sondern auch resilient sind. Angewendet haben die FOKUS-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler ihr Wissen bereits bei der Erstellung von Smart-City-Entwicklungskonzepten für Städte wie Liverpool, Berlin oder Emden.

Virtuelles Lernen

Kontaktbeschränkungen durch Corona haben auch dazu geführt, dass Veranstaltungen, Weiterbildungen oder ganze Studiengänge nur noch virtuell stattfinden können. Doch bereits vor der Pandemie wurden die Vorteile des virtuellen Lernens genutzt. So stand bereits das Wissenschaftsjahr 2018 unter dem Motto »Arbeitswelten der Zukunft«. Für eine Wanderausstellung entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von FOKUS eine Software, die Handwerker aktiv beim Lernen unterstützt. Die Lern-App konnten die Nutzerinnen und Nutzer ganz nach ihren Bedürfnissen anpassen. Anders als in einer statischen Lernumgebung wurde dafür ein Lernempfehlungssystem entwickelt, welches gezielt auf den erfassten Wissensstand reagiert und geeignete Empfehlungen zum Lernen anzeigt. So können Wissenslücken gezielt geschlossen werden und das prüfungsorientierte Lernen kann effizienter erfolgen.

Im Projekt SLOW haben FOKUS-Wissenschaftler eine Online-Lernplattform konzipiert und getestet. Durch digitale Medien, Lernempfehlungen und einen virtuellen Chatpartner schafft sie einen echten Mehrwert in Kursen zur Gebäude- und Energieberatung der Handwerkskammer Berlin. Auch Informatikstudenten der Beuth-Hochschule in Berlin können die Plattform zur Studienvorbereitung nutzen. Aus den Vorarbeiten im Projekt ist mittlerweile eine Common Learning Middleware entstanden. Sie wird z. B. für ein »Fraunhofer Learning Portal« genutzt, in dem alle Lehr- und Lerntechnologien der verschiedenen Fraunhofer-Institute vereint sind und über die Middleware auch an andere, externe Lernmanagementsysteme angebunden werden können. Die Middleware verfügt dafür über gemeinsame Schnittstellen und ein Design, das unabhängig von Lernsettings ist, so dass sie für Blended-Learning-Kurse, Flipped-Classrooms, Workshops, berufsbegleitende Schulungen oder sogar Online-Kurse verwendet werden kann.

Cloud-Zertifizierung

Vermehrt werden die Daten unseres digitalen Lebens in der Cloud gesammelt oder sogar verarbeitet. Um die Sicherheit solcher Anwendungen zu gewährleisten, haben FOKUS-Wissenschaftler im EU-SEC Projekt ein Rahmenwerk (Framework) für die Zertifizierung und Evaluierung der Absicherung von Cloud-Infrastrukturen entwickelt. Das Rahmenwerk soll vorhandene nationale und sektorenspezifische Zertifizierungsschemata berücksichtigen. Ziel ist es, die Kosten für Cloud Service Provider für die Zertifizierung zu senken. Dabei spielen insbesondere Zertifizierungs- und Evaluierungsaktivitäten, die automatisiert von Maschinen bewältigt werden können (also z. B. beim Daten sammeln), eine Rolle. Genaue und zuverlässige Informationen sollen unter Verwendung automatisierter Mittel den berechtigten Personen zur Verfügung gestellt werden. Mit dem EU-SEC Framework wird eine validierte Referenzarchitektur mit passenden Werkzeugen zur Verfügung gestellt. Damit können Stakeholder im IKT-Sicherheits-Ökosystem die Effizienz und Effektivität ihres derzeitigen Ansatzes für Risikomanagement, -sicherung und -einhaltung der IT-Sicherheit verbessern. EU-SEC unterstützt dabei die Strategie der Europäischen Union zur Umsetzung der Digitalen Binnenmarktstrategie, der europäischen Cloud-Initiative, der kommenden NIS-Richtlinie sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Eine spezielle Herausforderung für den Cloudbetrieb ist moderne Software, bei der die einzelnen Funktionen voneinander entkoppelt und in hochspezialisierte separate Dienste – die Microservices – gekapselt sind. Diese übernehmen jeweils nur eine oder wenige spezifische Aufgaben der insgesamt komplexen Anwendung und können in unterschiedlichen Clouds von verschiedenen Anbietern gehostet werden. Für Entwickler und Betreiber bedeutet dies mehr Unabhängigkeit, Flexibilität und Kostenersparnis. Bislang hat sich das Multi-Cloud-Modell allerdings nur wenig verbreitet. Unübersichtliche Angebote und Lizenzbedingungen ebenso wie fehlende Standards erschweren die Nutzung. Im Horizon-2020-Projekt DECIDE haben FOKUS-Wissenschaftler deshalb gemeinsam mit Partner ein Software-Framework entwickelt, um Multi-Cloud-Anwendungen interoperabel, rechtssicher und kostengünstig zu gestalten. Entstanden ist ein Set an Prototypen für Werkzeuge, mit denen Softwareentwickler ihre Multi-Cloud-fähigen Anwendungen einfacher und schneller designen, entwickeln und betreiben können.


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