Gebündelte Kraft für die Sicherheit in Deutschland
News vom 25. Okt. 2023
Fraunhofer SIRIOS präsentiert sich bei seiner ersten Jahrestagung als Technologie- und Innovationsplattform für die öffentliche Sicherheit. Im zum Demolab umgestalteten Eventzentrum des Fraunhofer FOKUS in Berlin kamen am 19. Oktober rund 140 Gäste, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Sicherheitsbehörden, Industrie, Verbänden und Forschung zusammen, um erste Ergebnisse des Fraunhofer SIRIOS zu diskutieren.
In drei Keynotes, die den Status und die Zukunft des Katastrophenmanagements aus den Perspektiven der Versicherungswirtschaft, des Katastrophenschutzes und der Forschung beleuchteten, wurde deutlich, wie wichtig es ist, vorbereitet zu sein. So zeigte Dr. Olaf Burghoff, Leiter Sachstatistik und Naturgefahrenmodellierung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV, anhand von Schadensauswertungen, dass Naturgefahren jeden treffen und massive Schäden nach sich ziehen können. Dr. Karsten Homrighausen, Landesbranddirektor der Berliner Feuerwehr und Vorsitzender des Beirats von Fraunhofer SIRIOS, erweiterte die Darstellung um die Sicht auf die konkreten Herausforderungen komplexer Krisen und die Chancen, die sich daraus für den Katastrophenschutz ergeben. Abschließend stellte SIRIOS-Sprecher und Leiter des Fraunhofer FOKUS, Prof. Dr. Manfred Hauswirth, deutlich die Wichtigkeit eines gemeinsamen Vorgehens heraus: »Durch die gebündelte Fraunhofer-Kompetenz agiert SIRIOS als zentrale Technologie- und Innovationsplattform der öffentlichen Sicherheit, d.h. als Enabler, Treiber und Entwickler von neuen Technologien, und kann als offener Verbund zudem frühzeitig auf die Bedarfe der Sicherheitsorganisationen reagieren.«
In den anschließenden interaktiven Demonstrationen zeigten Fraunhofer-Projektleitende, wie aktuelle Lösungsansätze aussehen. Dafür verwandelten sie den Veranstaltungssaal in ein Demolab und führten die Gäste durch ein Krisenszenario: Ein Unwetter mit hohen Niederschlagsmengen sorgt für den Ausfall eines Umspannwerks. Durch die Kopplung von komplexen Versorgungsinfrastrukturen in Simulationen (z.B. Strom-, Gas-, Kommunikationsnetze und Wasserversorgung) zeigten die SIRIOS-Forschenden mögliche Störungen und ihre kaskadierenden Auswirkungen. Die Einbindung aller Simulationsdaten in ein Lagebild für die Einsatzkräfteplanung ermöglichte Rückschlüsse, ob ein betroffenes Krankenhaus evakuiert werden sollte oder nicht. Was hier als Simulation mit einem fiktiven Szenario am Beispiel eines Stadtteils umgesetzt wurde, dient als technischer Startschuss und proof of concept, um die Technologien für die Praxis nutzbar zu machen.
Auch bei der Betrachtung von Großveranstaltungen und Menschenansammlungen, so zeigte die zweite Präsentation, kommt es zu »Kaskaden«: In Gefahrensituationen können in solchen Fällen – abhängig von den technischen, infrastrukturellen und baulichen Rahmenbedingungen –hohe Dynamiken und Unübersichtlichkeiten entstehen, die Vorhersagen nur mit technischer Simulation möglich machen. Am Beispiel des Hamburger Hafengeburtstags spielten die Simulationen verschiedene »Was wäre wenn«-Szenarien durch und zeigten, wie Besuchermassen sich verhalten bei Sperrungen wegen Bauarbeiten, bei Bühnenauftritten mit großem Zustrom von Fans und bei Warnungen wegen Gefahren. Die Umsetzung in einer VR-Umgebung in 2D und 3D ermöglichte dabei zusätzliche Einsichten z. B., um Sperrungen für sensible Zufahrtswege bestmöglich zu platzieren. Um das Vorgehen der agentenbasierten Simulation zu verdeutlichen, konnten Gäste abschließend in kleinen Gruppen an einer Live-Demo teilnehmen: Mittels intelligenter Videotechnologie wurden sie automatisch als abstrakte »Avatare« (sogenannte Agenten) erfasst. Auf Basis angenommener Verhaltensparameter konnten die Teilnehmenden in einem zweiten Schritt ihre eigenen Agenten bei der simulierten Flucht vor einer fiktiven Gefahr beobachten.
Die Teilnehmenden der abschließenden Diskussion, Mona Teresa Trenkner (CAE GmbH), Annika Berg (EnBW Energie Baden-Württemberg AG), Christoph R. Kämpf (Polizei Berlin) und Prof. Dr. Lars Gerhold (TU Braunschweig), lobten das Potenzial der präsentierten Arbeiten, hoben aber auch die Notwendigkeit hervor, dass diese neuen Technologien in vorhandene Systemlandschaften integrierbar sein müssen, um wirklich in der Praxis anzukommen.
Über das Fraunhofer-Zentrum für die Sicherheit Sozio-Technischer Systeme SIRIOS:
Das von Fraunhofer Anfang 2022 in Betrieb genommene SIRIOS vereint Fraunhofer-Kompetenzen im Bereich der Sicherheitsforschung, um gemeinsam mit Sicherheitsbehörden (BOS), Betreiber kritischer Infrastrukturen (KRITIS) und Industrie technologische Lösungen in den Bereichen wie Simulation, Lagebilder, Krisenkommunikation und Virtualisierung zu bündeln.