Digitales Schleusenmanagement für den Nord-Ostsee-Kanal
News vom 02. Juni 2020
Im Projekt SchleusenNOK40 entsteht ein Planungs- und Informationssystem für den Nord-Ostsee-Kanal, dass das Schleusenpersonal bei seinen Entscheidungen unterstützen und die Verkehrsteilnehmer über mögliche Warte- und Abfertigungszeiten an den Schleusen informieren soll. Ziel ist es, den Schleusenbetrieb effizienter und kundenfreundlicher zu gestalten und damit auch die Disposition des Warenumschlags in den nachfolgenden Häfen zu verbessern.
Mit seinen rund 100 Kilometern Länge gehört der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) zu den meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt. Je nach Abfahrts- und Zielhafen verkürzt sich die Wegstrecke der Schiffe zwischen Nord- und Ostsee im Schnitt um rund 250 Seemeilen. Entsprechend reduziert sich auch ihre Fahrzeit und ihr Treibstoffbedarf.
Bei der Durchfahrt durch den NOK müssen die Schiffe Schleusen passieren. Bisher konnten sich die Schleusenmeisterinnen und Schleusenmeister bei der Vorplanung einer Schleusenreihenfolge nur auf ihre langjährige Erfahrung verlassen. Aufgrund ständiger Änderungen der Verkehrsströme oder auch Baustellen wird eine kurzfristige Vorplanung jedoch immer schwieriger, da keine Datenbasis über das aktuelle Verkehrsaufkommen zur Verfügung steht. Eine langfristige, verlässliche Voranmeldung von Schiffen gibt es bisher nicht.
Mit dem Projekt SchleusenNOK40 soll das Schleusenmanagement im Nord-Ostsee-Kanal durch Digitalisierung deutlich vereinfacht und die gesamte Kanalabdeckung effizienter und gleichzeitig kundenfreundlicher gestaltet werden. Auf Basis von umfassenden Datenbeständen werden passgenaue Prognosen zur Auslastung des Kanals erstellt, um das Schleusenpersonal bei seinen Entscheidungen zu unterstützen. Gleichzeitig ermöglichen Rückmeldungen an den Elektronischen Wasserstraßen-Informationsservice, verlässlich über die Verkehrssituation am Kanal zu informieren und den Nutzern des Wasserweges eine möglichst umfassende Auskunft zu bieten. Besonders für die wirtschaftliche Planbarkeit von Lieferketten ist dies von entscheidender Bedeutung, um die Warte- und Abfertigungszeiten zu senken und die Kosten effektiv zu reduzieren.
Bei der Entwicklung des Systems setzen die Projektpartner auf die Zusammenführung von umfassenden Datenbeständen, wie z. B. Wetter- und Klimadaten, Navigations- und Geodaten. Aus diesen Daten und mithilfe maschineller Lernverfahren und stochastischer Analyseverfahren werden Prognosen erstellt. Gleichzeitig kommen Problemmodellierungs-, Lösungs- und Optimierungsansätze unter anderem aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz zum Einsatz. Ziel ist es, dass die Prognosen zunehmend exakter werden, um die Zeiten mit der höchsten Auslastung zuverlässig und transparent angeben zu können. Darüber hinaus soll ein wissensbasiertes Planungstool für optimierte Schleusenbelegungen entwickelt werden, in das die Erfahrungen des Schleusenpersonals einfließen und dieses beim Schleusenbetrieb unterstützt. Das geplante System bleibt offen und stetig erweiterbar, um sich den Entwicklungen der Kanalverwaltung anzupassen und auch bei weiterführenden Entwicklungen eine strukturierte Basis zur Verfügung zu haben.
»Für die Umsetzung der geforderten Funktionen setzen wir auf Methoden und Verfahren des maschinellen Lernens zur Vorhersage von Verkehrsdaten sowie auf Problemmodellierungs-, Lösungs- und Optimierungsansätze aus den Bereichen des Operations Research, der Constraint-Programmierung und der Künstlichen Intelligenz«, sagt Dr. Armin Wolf, Projektleiter SchleusenNOK40 bei Fraunhofer FOKUS. FOKUS wird dafür bei der Anforderungsanalyse mit Stakeholdern den Schwerpunkt auf die Schleusenbelegungsplanung und die dafür erforderlichen Vorhersagen von Fahr- und Ankunftszeiten von Schiffen sowie auf weitere planungs- und vorhersagerelevante Daten legen. Neben dem korrekten Verhalten sollen so die Güte der Vorhersagen und Schleusenbelegungspläne aber auch das Reaktionsverhalten bei adaptiver oder interaktiver Planung von Schleusenbelegungen untersucht und verbessert werden.
Am Projekt sind neben Fraunhofer FOKUS auch die dbh Logistics IT AG und die TTS TRIMODE Transport Solutions GmbH beteiligt. Als assoziierter Partner beteiligt sich auch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Standort Aurich, am SchleusenNOK40-Projekt. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen der Forschungsinitiative mFUND (Modernitätsfonds) gefördert