Interview mit Dr. Jens Klessmann zur SCCON 2025

Impulse für die Verwaltung der Zukunft

Mit über 23.000 Teilnehmenden und einer Rekordzahl an Ausstellern war die Smart Country Convention (SCCON) 2025 vom 30.09. bis 2.10. in Berlin erneut ein zentraler Treffpunkt für Akteure aus Politik, Verwaltung und Digitalwirtschaft. Die Veranstaltung bot Raum für den fachlichen Austausch und die Diskussion aktueller Trends rund um die Digitalisierung des öffentlichen Sektors. Auch das Fraunhofer FOKUS hat sich mit zahlreichen Fachvorträgen und Keynotes aktiv eingebracht. Dr. Jens Klessmann, Leiter des Geschäftsbereichs Digital Public Services, über zentrale Erkenntnisse, Impulse für die zukünftige Verwaltungsdigitalisierung – und die Rolle digitaler Souveränität aus Sicht von Fraunhofer FOKUS.

Herr Dr. Klessmann, was waren für Sie die wichtigsten neuen Erkenntnisse auf der SCCON und wie konnte Fraunhofer FOKUS diese Plattform nutzen?

Jens Klessmann: Die SCCON hat sehr klar gezeigt, dass digitale Souveränität für die öffentliche Verwaltung inzwischen ein zentrales Thema ist. Besonders auffällig war, wie stark die Diskussionen sich um die Frage drehten, wie Verwaltungen unabhängiger von proprietären Lösungen und einzelnen Anbietern werden können. Open-Source-Ansätze und gemeinsame Standards sind dabei nicht mehr nur Vision, sondern werden konkret umgesetzt – etwa bei Plattformen für Kollaboration oder Datenmanagement. Für uns als Fraunhofer FOKUS war die Messe eine gute Gelegenheit, unsere Erfahrungen aus Projekten einzubringen und mit Praktikerinnen und Praktikern zu diskutieren, wie sich diese Ansätze in der Breite etablieren lassen.

Welche Trends sehen Sie aktuell als besonders wichtig an?

Jens Klessmann: Ein klarer Trend ist die stärkere Vernetzung und Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen – oder zumindest die Einsicht in die Notwendigkeit, dass an die Stelle von Insellösungen zunehmend gemeinsame Plattformen und Schnittstellen treten müssen, die den Datenaustausch und die Interoperabilität fördern. Auch die Integration von KI in Verwaltungsprozesse gewinnt weiter an Bedeutung, wobei Transparenz und Datenschutz zentrale Anforderungen bleiben und die Umsetzung nicht einfacher machen. Zudem steht die Verwaltung vor der Aufgabe, Kompetenzen im Datenmanagement und im Aufbau digitaler Infrastrukturen gezielt auszubauen.

Wo muss eine öffentliche Einrichtung ansetzen, die sich weiterentwickeln und modernisieren will?

Jens Klessmann: Aus unserer Sicht ist es entscheidend, frühzeitig auf offene und modulare Lösungen zu setzen. Das betrifft sowohl die Entscheidung für die technische Infrastruktur als auch für die organisatorische Umsetzung. Schulungen, Change Management und der Aufbau von Best Practices sind dabei ebenso wichtig wie die Auswahl der richtigen Technologien. Die Verwaltung sollte sich als aktiver Gestalter verstehen und die eigenen Anforderungen klar formulieren – nur so entstehen nachhaltige und souveräne Lösungen.

Wie einfach ist das in der Praxis?

Jens Klessmann: Die größten Herausforderungen liegen weiterhin im rechtlichen und organisatorischen Bereich. Themen wie Datenschutz, kultureller Wandel in den Organisationen und die Integration neuer Lösungen in bestehende Strukturen sind komplex, erfordern Zeit, Fachwissen und Abstimmung. Viele Kommunen stehen zudem vor der Aufgabe, überhaupt genug Personal zu qualifizieren und die nötigen Ressourcen bereitzustellen. Auch die langfristige Pflege und Weiterentwicklung, insbesondere von Open-Source-Projekten ist ein Aspekt, der oft unterschätzt wird – dabei ist genau sie ein entscheidender Baustein für nachhaltige digitale Lösungen.

Kann Fraunhofer FOKUS hier unterstützen?

Jens Klessmann: Wir verstehen uns als Partner der Verwaltung, der wissenschaftliche Expertise und praxisnahe Lösungen bereitstellt. Mit Plattformen wie piveau® und Beratungsangeboten zur Modernisierung von Fachprozessen mit Hilfe von Low Code und KI oder zur Einführung von Open Source bieten wir konkrete Anknüpfungspunkte. Entscheidend ist für uns, gemeinsam mit unseren Partnern tragfähige und nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Und was nehmen Sie persönlich von der SCCON mit?

Jens Klessmann: Die SCCON wächst von Jahr zu Jahr – das große Interesse und die starke Präsenz von Akteuren wie dem Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung zeigen, wie ernst das Thema digitale Souveränität für eine moderne Verwaltung inzwischen geworden ist. Das gibt uns Rückenwind, gemeinsam mit der Verwaltung nachhaltige digitale Strukturen zu schaffen. 

Letzte Änderung: