Projekt GLASS testet E-Wallet für europaweite Verwaltungsleistungen
News vom 17. Nov. 2023
Im EU-Projekt GLASS arbeiten Organisationen aus ganz Europa an nutzer- und nutzerinnenorientierten Lösungen für grenzüberschreitendes E-Government. Nun ist das Projekt in die finale Phase gestartet: Die GLASS-Technologien werden durch Demonstratoren für drei verschiedenen Anwendungsfälle getestet – den Umzug in ein anderes Land, einen Kurzbesuch, sowie das Arbeiten im europäischen Ausland. Dazu entwickelten die Projektpartner eine eIDAS-kompatible E-Wallet-Plattform mit Single Sign-on, die es Bürgerinnen und Bürger ermöglicht, Nachweise wie beispielsweise Bildungsabschlüsse digital mit sich zu führen.
Der Umzug in einen anderen EU-Staat oder das Arbeiten im europäischen Ausland: Während Vorhaben wie diese zunehmend zur Normalität innerhalb Europas werden, sind sie zugleich mit großen bürokratischen Hürden verbunden. Schließlich erfordert grenzüberschreitendes Leben und Arbeiten den Austausch von vertraulichen Informationen und Nachweisen zwischen Privatpersonen, Behörden und Unternehmen – sei es nun die Aufenthaltserlaubnis oder die Geburtsurkunde.
Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Nachweise können dabei ebenso wie unzureichende Informationen zu erheblichen Hindernissen für Privatpersonen und Unternehmen werden. Dazu kommen Sprachbarrieren und lange Wartezeiten im Umgang mit Behörden. Einer konsequenten Vereinfachung administrativer Prozesse durch Digitalisierung stehen dabei etliche Herausforderungen im Weg – von Fragen des Identitäts- und Nachweismanagements über den hochkomplexen Umgang mit personenbezogenen Daten bis hin zur mangelnden Interoperabilität bestehender Systeme.
Lösungen für grenzüberschreitendes E-Government
Genau hier setzt das europäische Horizon2020-Projekt GLASS an, das Lösungen für grenzüberschreitendes E-Government entwickelt. Ziel ist es, eine vertrauenswürdige Interaktion zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und öffentlichen Behörden zu ermöglichen. Dazu arbeiten elf Organisationen aus sechs europäischen Staaten daran, administrative Prozesse sicherer, kostengünstiger und einfacher machen – durch die Automatisierung dieser Prozesse und die Gewährleistung eines sicheren Datenaustauschs. Die Idee hinter GLASS ist ein bürgernahes »European Common Services Web«: Ein interoperabler Datenraum soll es der öffentlichen Verwaltung erlauben, grenzüberschreitende und personalisierte digitale Dienstleistungen in einer sicheren Umgebung transparent anzubieten und gleichzeitig die Daten von Bürger:innen und Unternehmen zu schützen.
Eine E-Wallet-Plattform für den verschlüsselten Informationsaustausch
Derzeit werden die GLASS-Lösungen durch drei Demonstratoren getestet. Die Projektpartner nehmen dabei konkrete Anwendungsfälle in den Blick: Den Umzug in einen anderen EU-Staat, den Kurzbesuch eines anderen Lands und das Arbeiten im europäischen Ausland.
Der dafür zentrale Baustein des GLASS-Ökosystems ist eine »E-Wallet« – eine digitale Brieftasche, die es Privatpersonen und Unternehmen ermöglicht, erforderliche Dokumente digital bei einer Behörde anzufragen, einmalig zu hinterlegen, dauerhaft mit sich zu führen und ausgewählten Einrichtungen Zugriff zu gewähren. Dabei behalten die Nutzerinnen und Nutzer die volle Kontrolle darüber, mit wem sie über die Wallet interagieren, welche Information sie teilen und sind dabei nicht auf einen weiteren Akteur angewiesen.
Die Wallet stellt ein Mobilanwendung dar, die das Konzept der Self-Sovereign Identity (SSI) implementiert und den Nutzer und Nutzerinnen den Zugriff auf ein Ökosystem von Anwendungen für mobile Verwaltungsdienste über eine einfach zu bedienende Benutzeroberfläche ermöglicht. Als Datenbank wird auf eine private Blockchain-Lösung gesetzt, in der die Informationen datenschutzkonform und verschlüsselt abgelegt werden.
Grenzüberschreitende Verwaltungsleistungen: Vom Umzug bis zum Kurzbesuch
Die drei Demonstratoren ermöglichen es nun, die Wallet sowie zugehörige Services unter realen Bedingungen zu testen. So entwickelten die Projektpartner im Rahmen des Demonstrators »Umzug in ein anderes europäisches Land« Lösungen, die das Anmieten einer Wohnung in einem anderen EU-Staat digital unterstützen. Über die Wallet können beispielsweise Sozialversicherungsdokumenten beim zuständigen Ministerium abgefragt und die dafür notwendigen Nachweise wie eine Geburtsurkunde übermittelt werden. Das wiederum ermöglicht den Erhalt eines Arbeitsvertrags innerhalb des Wallets durch den Arbeitgeber sowie das Senden dieses Vertrags an die künftige Vermieterin – all das digital und auf Basis sicherer Authentifizierungs- und Validierungsmethoden.
Ein weiterer Demonstrator beleuchtet das Arbeiten im Ausland und hat digitale Lösungen entwickelt, die es Privatpersonen erlauben, Nachweise über Bildungsabschlüsse oder Berufsausbildungszertifikate in ihrer Wallet mit sich zu führen. Der dritte Demonstrator befasst sich mit dem Kurzbesuch einer körperlich beinträchtigen Person in einem anderen Land und ermöglicht das Beantragen von Unterstützungsleistungen über die Wallet.
Die GLASS-Technologien werden im Rahmen der drei Demonstratoren umfassend evaluiert, um sie im Anschluss weiter zu verbessern. Fraunhofer FOKUS verantwortet die Entwicklung der technischen Architektur, die Umsetzung des dezentralen Datenmanagements und Standardisierungsaktivitäten.