Automatisierung bringt Verwaltung weiter
News vom 13. Okt. 2020
Datenschutz, Open-Source-Anwendungen und länderübergreifende Kollaboration: Von 29. September bis 1. Oktober wurden auf der Webkonferenz »Automatisierung bringt Verwaltung weiter« von Fraunhofer FOKUS aktuelle Fragestellungen rund um Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung im öffentlichen Sektor diskutiert.
Die Automatisierung ist ein wichtiger Schlüssel zu einer effizienteren und bedarfsorientierten öffentlichen Verwaltung: Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaft erwarten intelligente Online-Dienste und eine schnellere und einfachere Bearbeitung ihrer Anliegen. Doch wie weit kann Automatisierung gehen? Sind antragsloses E-Government und automatisierte Nutzerinteraktion bereits Praxis oder noch Zukunftsmusik? Was können wir aus der Robotik lernen? Diesen Fragestellungen widmete sich die Webkonferenz »Automatisierung bringt Verwaltung weiter« des Geschäftsbereichs Digital Public Services an drei Veranstaltungstagen.
Auf der Bühne und in digitalen Konferenzräumen sprachen rund 30 Vertreterinnen und Vertreter aus öffentlichem Sektor, Wissenschaft und Wirtschaft über Ansätze, Entwicklung und politische Rahmenbedingungen für effiziente Automatisierung in der Verwaltung und gaben praktische Einblicke in laufende KI-Projekte. Rund 300 Gäste folgten ihren Ausführungen.
Hochkarätige Keynote-Sprecherinnen und Sprecher eröffneten jeden Konferenztag: Die Staatsministerin für Digitales im Bayerischen Staatsministerium für Digitales, Judith Gerlach, betonte am ersten Veranstaltungstag zum Themenschwerpunkt »einfache digitale Anwendungen für Bürgerinnen und Bürger«, welchen Mehrwert Chatbots der öffentlichen Verwaltung bringen können. Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke, CIO der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen, sprach in seiner Keynote am zweiten Tag der Konferenz über »bessere Prozesse für die Verwaltung« mit der Schlussfolgerung: »Dafür brauchen wir übergreifende Plattformen, keine Insellösungen.«
Am dritten Veranstaltungstag standen Akzeptanzfaktoren und der rechtliche Rahmen im Mittelpunkt. Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und Bundes-CIO, Dr. Markus Richter, setzte sich in seiner Keynote für eine Lösung auf europäischer Ebene beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz ein.
Länder- und behördenübergreifende Zusammenarbeit, Open Source, Datenschutz – für Automatisierungsprozesse mit Mehrwert
Ob aus Bund, Land oder Kommune, ob Keynotes oder Programmbeiträge: Sämtliche der Rednerinnen und Redner der Automatisierungskonferenz waren sich einig, dass Automatisierungsprozesse der öffentlichen Verwaltung nur sinnvoll in kollaborativer Zusammenarbeit über Länder- und auch Behördengrenzen hinweg entwickelt und eingeführt werden können. Dabei stünden KI-Lösungen zwar auch auf der Agenda, hätten aber (noch) nicht oberste Priorität – auch wenn Machine Learning großes Potenzial biete, insbesondere um Verwaltungsprozesse zu strukturieren und zu beschleunigen, wie Martina Hofmann vom IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit ausführte. Mehrere Beiträge hoben zudem die Bedeutung von Open-Source-Lösungen als Schlüssel für erfolgreiche KI-/Digitalisierungsprojekte hervor. In diesem Zusammenhang forderte Dr. Ariane Berger, Leiterin Digitalisierung des Deutschen Landkreistags, die Einführung einer kommunalen föderalen Software-Bibliothek, um den Wissensaustausch und Transfer zwischen allen Akteuren zu ermöglichen. Nicht zuletzt wurde der Datenschutz als wichtiger Aspekt der Automatisierung genannt, der insbesondere in der öffentlichen Verwaltung von Beginn an mitgedacht werden muss – denn hier handle es sich fast immer um personenbezogene Daten.
Automatisierung und KI: Forschungsschwerpunkte im Geschäftsbereich Digital Public Services
Die beiden Leiter des Geschäftsbereichs Digital Public Services am Fraunhofer FOKUS und Gastgeber der Webkonferenz, Dr. Jens Klessmann und Jan Ziesing, zeigten sich erfreut über das große Interesse an der Veranstaltung und nehmen zahlreiche Impulse für die Forschungsarbeit im Bereich E-Government mit. »In unserer Arbeit ist es uns wichtig, nicht nur technologischen Nutzen, sondern insbesondere auch einen gesellschaftlichen Mehrwert durch den Einsatz von Datenanalyseverfahren, Methoden der Automatisierung und den Einsatz künstlicher Intelligenz zu erzielen.« betont Dr. Jens Klessmann. Jan Ziesing ergänzt: »Seit vielen Jahren beschäftigen wir uns mit der strategischen Umsetzung von interoperablen und sicheren IT-Lösungen im öffentlichen Raum und in der öffentlichen Verwaltung. Die Impulse und die Diskussion an den Konferenztagen haben uns gezeigt, dass wir dabei auf dem richtigen Weg sind.«
Als Beispiel für ein aktuelles KI-Projekt, das der Geschäftsbereich im Sinne einer nutzerfreundlichen und bedarfsorientierten Verwaltungsdienstleistung auf den Weg bringt, stellte FOKUS-Wissenschaftler Lutz Nentwig gemeinsam mit Dr. Brigitte Klamroth vom Amt für IT und Digitalisierung der Hamburger Senatskanzlei einen digitalen Sprachassistenten vor: Im Rahmen des bestehenden Online-Dienstes »Kinderleicht zum Kindergeld« entwickelt und integriert Fraunhofer FOKUS gemeinsam mit dem Fraunhofer IDMT einen KI-basierten digitalen Sprachassistenten, der Hamburger Eltern künftig einen noch schnelleren und komfortableren Zugang zu Elterngeld und Co. verschaffen soll. »Unser Ziel ist, dass Eltern einfach, schnell und bequem direkt in der Klinik oder zu Hause ihre Angaben digital an die Verwaltung stellen können und die Dienstleistungen nach kurzer Zeit per Post zur Verfügung gestellt werden «, erklärte Dr. Brigitte Klamroth. »Mit der Integration des Sprachassistenten schaffen wir ein gutes Beispiel für den Einsatz solcher Systeme auch in anderen Bereichen der Verwaltung.« Lutz Nentwig, Projektleiter auf Seiten von Fraunhofer FOKUS ergänzte: »KI wird von der öffentlichen Verwaltung schon seit längerem für den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern eingesetzt – allerdings nur in Form von Chatbots, die rein Informationen bereitstellen. Unser System kann die Nutzerinnen und Nutzer gleichzeitig bei der Antragstellung unterstützen und individuelle Fragen beantworten – ein großer Schritt in Richtung einer leichten und schnellen Bedienbarkeit, und damit einer insgesamt bürgerfreundlicheren öffentlichen Verwaltung.«
Trend-Impulse zu aktuellen Forschungsthemen von ÖFIT
Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) stellte in einem täglichen Trendimpuls aktuelle Forschungsergebnisse vor. Dabei ging es zunächst um die Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit künstlicher Intelligenz angesichts von Angriffsmöglichkeiten durch gezielte Beeinflussung der Datenbasis. Ausgehend von Zukunftsbildern zum KI-Einsatz in 2030 wurde die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine in der öffentlichen Verwaltung thematisiert. Den Abschluss bildete die Behandlung sozio-technischer Aspekte in der Rechtsetzung, die zu berücksichtigen sind, um eine Grundlage für die Teilautomatisierung der Rechtsanwendung zu legen.
Zahlreiche weitere Vorträge und Fragerunden lieferten Einblicke in praktische Einsatzmöglichkeiten von KI in der öffentlichen Verwaltung. Die virtuelle Ausstellung bot Gelegenheit zur weitergehenden Diskussion und zum gemeinsamen Austausch.
Die Webkonferenz »Automatisierung bringt Verwaltung weiter« wurde unterstützt von BearingPoint, Capgemini und IBM – alle E-Government-Laborpartner des Geschäftsbereichs Digital Public Services am Fraunhofer FOKUS – sowie der Fachzeitschrift E-Government Computing als Medienpartner.