Podiumsdiskussion: Vernetzte Gesellschaft - Zwischen Freiheit und Kontrolle
»Digitalisierung ist nicht nur ein technisches Konzept«
Die abschließende Podiumsdiskussion der Konferenz widmete sich dem Thema »Vernetzte Gesellschaft zwischen Freiheit und Kontrolle«. Dr. Klaus Zehner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SV SparkassenVersicherung Holding AG, Prof. Odej Kao, Leiter des Einstein Centers an der TU Berlin, Dr. Andreas Goerdeler vom Bundeswirtschaftsministerium und Hausherr Prof. Dr. Manfred Hauswirth führten eine bewegte Diskussion über Digitalisierungskompetenzen, die Zukunft der Arbeit bis hin zu persönlichen Assistenzsystemen wie Alexa.
Moderator Martin Puscher fragte zu Beginn, wer die Weichenstellungen für die Digitalisierung mache bzw. machen sollte: Staat, Gesellschaft, Wirtschaft oder Forschung. Zehner und Hauswirth betonten, dass wir zunächst kreative Unternehmer oder Forscher mit neuen Ideen benötigen. »Digitalisierung ist nicht nur ein technisches Konzept. Digitalisierung beginnt mit der zündenden Idee im Kopf. Die Digitalisierung gibt uns dann die Werkzeuge an die Hand, um die Idee effizient umzusetzen,« erklärte Hauswirth. Nur, wenn der Kunde wirklich einen Nutzen sieht, wird die Erfindung dann vom Markt angenommen. Kao bedauerte, dass wir uns bei der Digitalisierung zu stark am Silicon Valley orientieren. Er forderte, dass wir in Europa und Deutschland selbst herausfinden müssen, was unsere Gesellschaft braucht und wie wir die Digitalisierung mit seinen Regeln umsetzen wollen. Gördeler betonte, dass die Einhaltung der Spielregeln nicht mehr national kontrolliert werden könne. Eine wichtige Regel sei, dass Algorithmen nachvollziehbar sein müssen.
Zehner empfahl für die digitalen Veränderungsprozesse in Unternehmen, dass man im Kopf offen bleiben müsse, kleine Schritte gehen solle, um beweglich zu bleiben und die Ideen der jungen Leute mit der Erfahrung der älteren Mitarbeitern kombinieren müsse – jenseits herkömmlicher Hierarchie. Auch für Hauswirth ist Erfahrung nach wie vor wichtig: »Wir brauchen Informatiker, die Domänenwissen besitzen. Hier zählt langjährige Erfahrung. Wir müssen uns in Deutschland auf unsere Stärken konzentrieren, zum Beispiel auf unser Know-how in der Telekommunikation, Produktion, Materialforschung und im Automobilbau.«
Die Teilnehmer waren sich einig, dass Programmierunterricht für alle in Schulen wichtig sei. Mindestens genauso wichtig seien aber auch analytisches Denken und Durchhaltevermögen. Diskutiert wurde, was mit Menschen geschieht, deren Kompetenzen in der Arbeitswelt nicht mehr gebraucht werden. Hierzu zitierte Gördeler ein Zitat einer schwedischen Kollegin: »We should not protect the work we should protect the workers.« Er sehe die Zukunft der Arbeit nicht so pessimistisch, da auch neue Tätigkeiten für Nicht-Akademiker entstehen, wie die Installation von Smart Living-Sensorik in der Wohnung. Zentral sei aber Bildung, nicht nur in der Schule, sondern vor allem auch die lebenslange und modulare betriebliche Aus- und Weiterbildung.
Zuletzt ging es um digitale Geschäftsmodelle. Hauswirth betonte, dass wir in Deutschland und Europa entscheiden müssen, ob wir Produkte wie Alexa wollen, die Komfort bieten, aber unnötig viele persönliche Daten in der Cloud sammeln. Er unterstützte einen Zuhörer, der ein europäisches Alexa forderte, und wünschte sich: »Die Wertschöpfung sollte dort passieren, wo die Kunden sind. Das ist aus technischer Sicht möglich.«