MUSE

01. Juli 2010 bis 30. Juni 2012

Das Projekt MUSE (Multicore-Architektur zur Sensor-basierten Positionsverfolgung im Weltraum) will die Positionierung von Raumfahrzeugen verbessern. Im Rahmen des Projekts untersucht Fraunhofer FOKUS, inwieweit modernste Multicore-Prozessoren für die Auswertung von Sensordaten im Weltraum geeignet sind und wie eine entsprechende Rechnerarchitektur aussehen müsste.

Um den Satelliten zielsicher ausrichten zu können, muss der Rechner enorme Datenmengen auswerten. Denn bildgebende Sensoren (z. B. Video, Infrarot, Radar) nehmen eine Flut von Daten auf, die in Echtzeit analysiert werden müssen. Die Herausforderung für die Rechnerarchitektur besteht darin, eine hohe Rechenleistung bei gleichzeitiger Fehlertoleranz bereitzustellen und dies bei minimalen Anforderungen an Stromversorgung, Kühlung, Gewicht und Platz. Die in der Architektur realisierten Fehlertoleranzmechanismen müssen sicherstellen, dass sporadische Datenverfälschungen, wie sie durch die Weltraumstrahlung entstehen, zuverlässig erkannt und behandelt werden. Es muss in jedem Fall ausgeschlossen werden, dass unerkannte Fehler zu falschen Steuerbefehlen führen und so eine unkontrollierte Bewegung des Raumfahrzeugs hervorrufen. Als Grundlage für die Entwicklung der Hochleistungshardware entschied sich das Forschungsteam für den neuen Multicore Prozessor P4080 von Freescale. Der P4080 wird in der besonders verlustleistungsarmen SOI (Silizium On Insulator)-Technologie gefertigt. Diese ist für Raumfahrtanwendungen jedoch nicht nur wegen der hohen Energieeffizienz interessant, sondern auch wegen der geringen Empfindlichkeit gegenüber Weltraumstrahlung. Darüber hinaus bietet der P4080 zusätzlich die Vorteile eines hoch integrierten Embedded-Prozessors. Alle wichtigen Funktionen sind bereits on-chip integriert. Um die benötigte Robustheit und Sicherheit zu gewährleisten, wollen die Softwarespezialisten die acht Prozessorkerne des P4080 nicht nur zur Maximierung der Rechenleistung, sondern auch zur Realisierung leistungsfähiger Fehlertoleranzmechanismen nutzen. Besonders kritische Berechnungen führen die Forschenden parallel auf verschiedenen Prozessorkernen aus, um die Ergebnisse durch einen sicheren Vergleich überprüfen zu können. Hierfür realisieren die Hardwarespezialisten eine Synchronisierungs- und Voting-Einheit in einem strahlungstoleranten FPGA-Baustein, die redundante Berechnungsergebnisse on-the-fly vergleichen kann.

Neben der Steuerungshardware wurde in MUSE von einem weiteren Forschungsteam bei Fraunhofer FOKUS ein optischer Positionssensor entwickelt, der in einem realen Raumfahrzeug mit anderen Sensoren (z. B. Radar oder laserbasierter Entfernungsmessung, LIDAR) kombiniert werden würde. Mithilfe des Positionssensors wird das aktuelle Bild von bis zu drei Kameras mit vorab gespeicherten Bildinformationen der geplanten Landestelle verglichen. In einer Trainingsphase wird mittels vorhandener Bilddaten (2D und digitales Höhenmodell) sowie FERN Classifiern ein Modell der Landestelle erstellt. Während des Landeanflugs werden die aktuellen Kameradaten mithilfe des FAST-Feature-Erkennungsverfahren mit dem Modell der Landestelle verglichen und die Flugbahn entsprechend korrigiert. Das Verfahren wird durch einen Vergleich des gespeicherten mit dem aktuellen Kamerabild zusätzlich abgesichert. Darüber hinaus kann mittels zweier Kameras ein Stereobild erstellt werden, mit dem sowohl der Abstand zur als auch die Beschaffenheit der Landeoberfläche ermittelt werden kann. Alle Algorithmen laufen bei Bedarf redundant und werden so parallelisiert, dass alle acht Cores der Hardware optimal ausgenutzt werden.

Das Projekt wird von der Raumfahrt-Agentur des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie gefördert.