ServiceLine 115

01. Jan. 2010 bis 31. Dez. 2010

Im Rahmen des vom ISPRAT Institut (Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration & Technologie) geförderten Projektes zur Service Hotline für Verwaltungen werden am Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS beispielhaft Szenarien für Verwaltungsprozesse entworfen, die die Einsatzmöglichkeiten einer Hotline aufzeigen werden. Ausgangspunkt für die Entwicklungen ist das in Amerika umgesetzte Konzept der Servicenummer 311 mit Hilfe eines Callcenters.

Die bei Fraunhofer FOKUS entwickelten Szenarien werden aufzeigen, wie mit den bei FOKUS entwickelten mobilen Diensten und Anwendungen auf Basis des IP Multimedia Subsystemes (IMS) die Funktion einer Service Hotline für unterschiedliche mediale Zugangskanäle realisiert werden kann und Serviceanfragen automatisch bis in Backoffice-Systeme weitergeleitet werden können. Neben der automatischen Abwicklung wird es in den Szenarien immer die Möglichkeit geben, sich mit einem Mitarbeiter verbinden zu lassen. Dies kann ein Mitarbeiter eines Callcenters sein oder ein Sachbearbeiter, der mit anderen zusammen ein virtuelles Callcenter bildet.

Um diese Dienstleistung erbringen zu können, werden alle Informationen zu Vorgängen, Zuständigkeiten und Backoffice-Prozessen in einem lokalen Knowledge-Center organisiert. Die technische Umsetzung ist so konzipiert, dass diese Wissenszentren sich logisch verknüpfen lassen und so ein übergeordnetes oder flächendeckendes Wissenszentrum entstehen kann.

Im Laufe des Projektes werden dazu mehrere unterschiedliche Szenarien realisiert, die sich grob in die Bereiche Auskünfte, Meldungen, Hinweise, Anregungen und fachbezogene Verwaltungsaufgaben gliedern. Neben fachlichen Fragestellungen werden aber auch technische und rechtliche Aspekte in die Szenarien mit einbezogen.

POLITISCHE DIMENSION

Die einheitliche Behördenservicenummer von New York dient als Vorbild. Unter der Rufnummer 311 erreichen die Bürger dort die öffentliche Verwaltung rund um die Uhr. New Yorks Bürgerservice nimmt täglich etwa 45.000 Anrufe an.

Im Rahmen des IT-Gipfels (am 18.12.2006 in Potsdam) wurde ein solches Projekt auch für Deutschland diskutiert. Wer Fragen zu Verwaltungsdienstleistungen hat, soll in Deutschland künftig nicht mehr umständlich nach einer für ihn zuständigen Stelle suchen müssen, sondern Hilfe von einer zentralen Stelle erhalten. Nach den in der Bevölkerung bekannten Notrufnummern 110 für die Polizei und 112 für die Feuerwehr wäre eine solche Behördenservicenummer ein weiterer Schritt zu einer einfacheren, bürgernahen und transparenteren Verwaltung.

TECHNOLOGIE

Die Entwicklung erfolgt auf Basis der IMS (IP Multimedia Subsystem) Technologie. Das Fraunhofer FOKUS Kompetenzzentrum Next Generation Network Infrastructures (NGNI) bietet in seinem international einzigartigen Open IMS Playground die notwendige Infrastruktur für eine prototypische Umsetzung einer solchen Service Hotline für Verwaltungen.

IMS ist ein weltweiter Telekommunikationsstandard (3GPP, 3GPP2, ITU-T, ETSI TISPAN, CableLabs, etc.). Hierbei handelt es sich um eine Overlay Architektur, die hinsichtlich der Dienstkontrolle verschiedene IP-basierte Zugangsnetze vereinheitlicht und für eine einheitliche Bereitstellung integrierter Kommunikations- und Informationsdienste sorgt.

Diese zukunftsweisende Technologie bietet eine standardisierte Umgebung für telekommunikations- und internetbasierte Dienste, vor allem ein hohes Maß an Sicherheit, Single Sign-On, Flexible Abrechnung und QoS für konvergente Netze. Dadurch kann man Internetkommunikation (Websurfen, Email, Instant Messaging, VoIP) und klassische feste und mobile Telekommunikation verknüpfen und somit eine neue innovative Dienstdimension erreichen. IMS unterstützt insbesondere aktuelle SOA (Service-Oriented Architectures) Prinzipien durch die Bereitstellung von wiederverwendbaren Dienstkomponenten.

Für die Umsetzung der ISPRAT ServiceLine 115 gibt es kaum Alternativen zu einem IMS-basierten System. Auf funktionaler Ebene gewährleistet ein IMS-basiertes Zugangsnetz ein hohes Maß an Sicherheit durch moderne, standardisierte Authentifizierungs- und Verschlüsselungsmechanismen. Abgesehen von einer garantierbaren Dienstgüte spricht insbesondere die große Bandbreite an unterstützten Zugangsnetzen für den Einsatz eines IMS-basierten Systems. Diese Tatsache ermöglicht es, nicht nur den Behördendienst für eine breite Masse an Nutzern (mit unterschiedlichsten Zugangsnetzen) anzubieten, sondern gewährleistet zusätzlich ein hohes Maß an Zukunftssicherheit.

KOMPETENZEN

Das Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS bietet durch die enge Zusammenarbeit des »eGovernment Labors« und des »Open IMS Playground« – das weltweit erste offene Next Generation Network Testbed – eine weltweit einzigartige Plattform, in der die Möglichkeiten einer Service Hotline kombiniert mit prozessorientiertem eGovernment demonstriert werden.

SZENARIEN

In den Szenarien werden drei mögliche Anwendungsfälle einer Service Hotline im Verwaltungsbereich prototypisch, unter Nutzung von IMS und Web 2.0, demonstriert:

  • Auskünfte
  • Meldungen, Hinweise, Anregungen
  • Interaktive Verwaltungsvorgänge

Auskünfte

Für ein typisches Auskunftsszenario eignet sich das Thema Müllentsorgung. Geht es beispielsweise beim Hausmüll um Abholungstermine, so kann hier bei registrierten Benutzern auf die Adressinformation zurückgegriffen werden. In wenigen Dialogschritten können die Bürger gewünschte Informationen abrufen.

An diesem Thema kann auch gezeigt werden, wie sich Informationen aus unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen zusammenführen lassen, wenn es sich nicht um kommunale Entsorgungsthemen handelt, sondern beispielsweise um Fragen in Bezug auf radioaktive Abfälle.

Meldungen, Hinweise, Anregungen

Verwaltungskontakte mit Hinweisen von Bürgern lassen sich mit Hilfe der IMS-Technologie und den Möglichkeiten von »Fixed Mobile Convergence« (FMC) und des flexiblen Dienstzuganges gut lösen. Anrufe werden zentral entgegengenommen und dann durch einen Dialog gesteuert, verschiedenen Bereichen oder Mitarbeitern über Aufgabenlisten zugestellt.

Interaktive Verwaltungsvorgänge

Bei diesen Szenarien handelt es sich um Vorgänge, die in direktem Zusammenhang zu Prozessen im »Backoffice« der Verwaltung stehen. In diesen Szenarien werden die Arbeiten des »eGovernment Labors« und des »Open IMS Playground« zusammengeführt und die Möglichkeiten, die sich aus dem Zusammenschluss einer Service Hotline und prozessorientiertem eGovernment ergeben, demonstriert. Basis für die Szenarien ist der Prozess der Beantragung einer Abstammungsurkunde. Hierbei wird der Vorgang der Beantragung mittels eines Formulars im Internet durch die Antragstellung über eine Service Hotline ergänzt.

PARTNER

ISPRAT

Das ISPRAT-Institut (Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration & Technologie) will die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik fördern. Dieses Ziel soll durch strategische Forschungsprojekte, themenspezifische Tagungen und Kongresse sowie Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. Arbeitsgrundlage sind zukunftsweisende strategische Projekte, für die das ISPRAT-Institut Forschungsinstitute, Wirtschaft und Politik vernetzt. Wissenschaftliche Gründungsmitglieder sind u. a. IBM, CSC, Accenture, Dataport AöR, Fujitsu Siemens Computer, Hewlett Packard, Microsoft, Cisco Systems, McKinsey&Company, Inc., Taylor Wessing, Freshfields, Bruckhaus & Deringer, Goetzfried AG und SAP. Das ISPRAT-Institut wird von folgenden korporativen Mitgliedern getragen: Accenture GmbH, Bankhaus Metzler, BearingPoint GmbH, Cisco Systems Deutschland GmbH, CSC Deutschland Solutions GmbH, Deutsche Telekom AG, Fujitsu-Siemens-Computer, Hewlett-Packard GmbH, IBM Deutschland GmbH, McKinsey & Company, Inc., Microsoft Deutschland GmbH, SAP Deutschland AG & Co. KG, T-Systems GmbH, Cinvention AG, Dataport AÖR, Freshfield, Bruckhaus & Deringer, Götzfried AG, Taylor & Wessing.

Das ISPRAT-Institut steht unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsidenten Roland Koch.

Kontakt:

Dr. Dirk Graudenz

Dirk.Graudenz@isprat.de

WHU

Die WHU – Otto Beisheim School of Management ist eine international orientierte, auf eigener Forschung aufbauende, private Wirtschaftsuniversität, die die zukünftigen Führungskräfte der Wirtschaft aus- und weiterbildet, so dass diese im Berufsleben persönlich erfolgreich sowie zum Wohle von Unternehmen und Gesellschaft tätig sind.

Bei all ihren Leistungen folgt die WHU einem auf Exzellenz hin orientierten Leitbild. Der Claim »Excellence in Management Education« unterstreicht diesen Anspruch: Unsere Aus- und Weiterbildungsprogramme sind durch innovative Lehrinhalte, exzellente Lehre, hervorragende Forschung, erstklassige Kooperationen mit internationalen Partnerhochschulen und ausgezeichneten Kontakten zu Unternehmen gekennzeichnet. Dies ermöglicht eine international ausgerichtete, wissenschaftlich fundierte und managementorientierte Ausbildung sowohl für Studienanfänger als auch für Teilnehmer der praxisorientierten und akademischen Weiterbildungsprogramme. Wir bieten unseren Studierenden eine intellektuell anregende und kreative Atmosphäre und ziehen hervorragende Lehrer und Forscher aus dem In- und Ausland sowie aus Theorie und Praxis an.

Im Rahmen des Projekts ServiceLine 115 übernimmt die WHU in enger Abstimmung mit FOKUS eine (ökonomische) Bewertung der Einführung einer einheitlichen Rufnummer für Verwaltungsdienstleistungen. Seit ihrer Gründung war der WHU die enge Verzahnung von Theorie und Praxis stets ein besonderes Anliegen. Das Projekt ServiceLine 115 bietet die Möglichkeit, den aktuellen Stand wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse auf ein gesellschaftlich hochrelevantes Themenfeld anzuwenden. Zukunftsweisende Projekte wie ServiceLine 115 können den größten Nutzen entfalten, wenn sie nicht nur über eine leistungsfähige technische Grundlage verfügen, sondern deren ökonomische Umsetzbarkeit sorgfältig geprüft wurde, wofür ein breites Spektrum wirtschaftlicher aber auch gesellschaftlicher Auswirkungen zu berücksichtigen sind.

Vor diesem Hintergrund wird angestrebt, eine umfassende qualitative und für ausgewählte Fragestellungen dann auch quantitative Kosten- und Nutzenbewertung aus der Perspektive der verschiedenen Stakeholder zu leisten. Zu diesem Zweck wird zunächst ein Bewertungsschema erarbeitet, das es ermöglicht, die Effekte der Einführung von 115 zu identifizieren und zu bewerten. In diesem Rahmen sind sowohl relevante Stakeholder und deren Interessen sowie die sich für sie ergebenden Veränderungen zu bestimmen. Inhaltlich sind sowohl direkte Effekte in der Verwaltung zu berücksichtigen (Bsp. Effizienzerhöhung von Prozessen, Skaleneffekte, Investitionen) als auch indirekte Effekte (Bsp. verbesserte Steuerung bei der Leistungserbringung, geringerer Aufwand durch erhöhte Transparenz). Daneben soll insbesondere auch berücksichtigt werden, welchen Nutzen die Einführung von 115 auf der Seite der Bürger und der Wirtschaft haben wird. In einem ersten Schritt soll dieses Bewertungsschema validiert werden, indem es mit konkreten 311-Beispielen aus den USA abgeglichen wird. Im zweiten Schritt soll das Bewertungsschema auf Basis eines konkreten deutschen Beispiels gefüllt werden. Ergebnis ist die Gesamtbewertung des 115-Szenarios im Vergleich zum aktuellen Status quo.